Ideologie?

By | November 21, 2017

Stagnation hat einen Namen: Ideologie

Ideologie bedeutet, eine einmal gefundene Meinung von jeglicher weiteren Kritik freizustellen und auch bei größerem Erkenntnisgewinn nicht mehr zu hinterfragen.

Es ist z. B. völlig korrekt, Kraftwerke abzulehnen, die zwar Energie produzieren, aber auch Abfall, der eine Million Jahre sicher gelagert werden müsste.

Diese korrekte Setzung kann zu dem falschen Schluss führen, dass man Kernkraftwerke grundsätzlich ablehnt.

Der wesentliche Erkenntnisgewinn ist, dass es verschiedene Arten von Kernkraftwerken gibt, solche die abzulehnen sind und andere, die ganz anders sind.

Es ist aber noch schlimmer: Selbst, wenn wir auf Dauer komplett auf Kernkraft verzichten wollten, bräuchten wir diese neue Art von Kraftwerken, um den Atommüll der alten Kraftwerke unschädlich zu machen.

In diesem Fall führt die Ideologie, dass es in Zukunft gar keine Kernkraftwerke mehr geben darf, dazu, dass Atommüll zum ungelösten Problem wird. Dieser Irrtum führt dann zu der Schutzbehauptung, eine sichere Endlagerung über eine Millionen Jahre sei möglich, was natürlich nicht stimmen kann:

Wir haben vor 10.000 Jahren noch in Höhlen gesessen und wissen nicht, ob wir als Menschengeschlecht die nächsten 100 Jahre überleben werden. Die Vorstellung, wir könnten einen Zeitraum von einer Million Jahre verantwortungsvoll beherrschen, ist daher offenbar irrig.

Sind Staatsausgaben böse?

Kernkraft ist beileibe nicht das einzige Beispiel für Ideologie. Die Gesellschaft handelt produktiv einerseits und konsumierend andererseits. Diese Aussage ist, so denke ich, noch nicht ideologisch. Unterscheiden kann man die beiden Seiten daran, ob sie in der Stadt- und Staatskasse auf der Einnahmen- oder auf der Ausgabenseite auftauchen.

Firmen und Selbstständige finden Bedürfnisse und arbeiten an deren Befriedigung. Das ist produktiv und schafft Werte. Ein Teil dieser Werte fließt als Steuern und Abgaben in die Haushalte von Städten und Staaten. Diese bezahlen daraus Müllabfuhr, Kläranlagen, Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr und das Militär. Sie schaffen mit Straßen, Brücken, Internetleitungen und Häfen Strukturen, ohne die das Leben und die Wirtschaft viel beschwerlicher wären. Und sie finanzieren Bildung und Kultur.

Unternehmer und Selbstständige sitzen aber kaum in den Parlamenten. Daher ist der produktive Teil der Gesellschaft unterrepräsentiert. Entscheidungen werden getroffen von denen, die die Ausgabenseite repräsentieren. Daher geht es auch selten um die Förderung von Produktivität und Kreativität. Es geht hauptsächlich um die Frage „Wofür geben wir das Geld der Bürger aus?“.

Nun kommt die Ideologie ins Spiel: Betrachtet man alle Unternehmer als gierige Ausbeuter? Oder sieht man sie als Säulen der Gesellschaft? Sieht man Kultur und Bildung als produktiv an oder als überflüssigen Zierrat? Sind Reiche böse oder ist es nur ein bestimmtes Verhalten von bestimmten Einzelpersonen? Sind Forscher korrupt und Schriftsteller faul?

Welcher dieser Auffassungen neigen Sie zu? Aus Ihrer persönlichen Perspektive heraus werden Sie Ausgaben- und Einnahmenposten sehr unterschiedlich beurteilen. Ihre Lebens- und Erwerbssituation trägt entscheidend dazu bei, wie Sie diese Fragen beantworten. Oder wie Marx sagte: „Das Sein bestimmt das Bewusstsein.“

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